Schienbeinkantensyndrom Ursachen

Schienbeinkantensyndrom Ursachen und Tests

Schienbeinkantensyndrom Ursachen – Shin Splints oder Schienbeinschmerzen

Ein Schienbeinkantensyndrom zeichnet sich aus durch Schmerzen während oder nach der sportlichen Belastung im Bereich der Innenseite des Schienbeins. Dabei treten die Schmerzen im unteren Drittel des Schienbeins auf [1]. Ruhe und Sportpausen führen zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden. Meist kommen die Beschwerden schleichend. Sie sind anfangs nur leicht ausgeprägt und kommen erst nach längerer Belastung. 

Schienbeinkantensyndrom Ursachen Teil 1

Wird keine Belastungspause (und dadurch eine Schonung) gemacht, treten die Schmerzen immer früher in der Belastung auf und werden auch in der Intensität stärker.

Schienbeinkantensyndrom Ursachen – Symptome

Das Schienbeinkantensyndrom zeichnet sich aus durch Schmerzen während oder nach der sportlichen Belastung im Bereich der Innenseite des Schienbeins. Dabei treten die Schmerzen im unteren Drittel des Schienbeins auf [1]. Die Strukturen, die dabei Schmerzen auslösen sind vor allem die tiefliegende Wadenmuskulatur (u.a. M. flexor digitorum longus, M. tibialis posterior) und die vordere Schienbeinmuskulatur (M. tibialis anterior). Bei einer stärker ausgeprägten Reizung kann auch die Knochenhaut auf der Innenseite des Schienbeins gereizt sein und Schmerzen verursachen. 

Ruhe und Sportpause führen zu einer deutlichen Verbesserung der Beschwerden. Meist kommen die Beschwerden schleichend. Sie sind anfangs nur leicht ausgeprägt und kommen erst nach längerer Belastung. Wird keine Belastungspause (und dadurch eine Schonung) gemacht, treten die Schmerzen immer früher in der Belastung auf und werden auch in der Intensität stärker.

Schienbeinkantensyndrom Ursachen – Häufigkeit

Das Schienbeinkantensyndrom (Synonym: Shin Splints) ist deutlich häufiger als du vielleicht denkst. Es betrifft hauptsächlich sportlich aktive Menschen. Bei Läufern zum Beispiel ist es das häufigste Überlastungssyndrom (vor Achillessehnen-Reizung und Plantarfasziitis) und macht 16-20% der Überlastungssyndrome aus [2]. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer [3]. 

Schienbeinkantensyndrom Ursachen – Detail

Überlastung

Die Hauptursache für ein Schienbeinkantensyndrom ist eine zu starke Belastung der Strukturen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du gerade mit dem Laufen beginnst, aber direkt mit 10 km pro Einheit anfängst. Oder du bist erfahrener Läufer (8 km pro Einheit), willst auf einen Marathon trainieren und steigerst dein Trainingspensum zu schnell. Dann kann es sein, dass dein Körper nicht hinterher kommt und dann ein Schienbeinkantensyndrom entsteht. Was genau dabei jetzt die Schienbeinschmerzen verursacht, ist noch nicht genau geklärt. Es werden in der Wissenschaft zwei Möglichkeiten diskutiert.

1. Eine Überlastungsreaktion des Knochens: Durch eine vermehrte Biegebeanspruchung des Knochens bei starker Belastung kommt es zu Mikro-Verletzungen, die Schmerzen verursachen [1].

2. Durch eine Überlastung der Faszien (Muskelhüllen), welche durch eine vermehrte Beanspruchung der Muskulatur entsteht, kommt es zu einem vermehrten Zug an der Knochenhaut (Periost) des Schienbeins, was dann die Schmerzen auslöst [1]. 

Beitragende Faktoren / Risikofaktoren:

Bewegungsmuster und Laufstil

Um das Schienbeinkantensyndrom wieder loszuwerden, ist zunächst aber nicht ganz so wichtig, welcher Mechanismus jetzt genau im Körper abläuft. Wichtig ist zu wissen, was zu dieser Überlastung führt. Der Hauptfaktor ist wie beschrieben eine zu starke Belastungsintensität. Aber nehmen wir mal an, du startest mit einer Freundlin/einem Freund gemeinsam das Lauftraining, ihr habt beide genau das gleiche Pensum, die gleiche Steigerung der Intensität – du bekommst ein Schienbeinkantensyndrom, dein Freund/deine Freundin nicht. Wie ist das möglich. Hier wird es spannend, denn da kommen die beitragenden Risikofaktoren hinzu. 

Beitragende Faktoren oder Risikofaktoren bedeutet, dass diese Faktoren die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass du ein Schienbeinkantensyndrom bekommst. In der Forschung wird viel dazu untersucht, wenige Faktoren sind sicher belegt. Wahrscheinlich wird die Liste sich in den kommenden Jahren noch weiter verändern. Die folgenden Punkte gehören jedoch dazu: 

Reduzierte Stabilität des Fußes: Senkfuß

Schienbeinkantensyndrom / ShinSplints: Knick-Senk-Fuß
Schienbeinkantensyndrom / ShinSplints: Knick-Senk-Fuß

Sehr gut untersucht ist der Einfluss der Fußstabilität auf das Schienbeinkantensyndrom. Vor allem das Absinken des Mittelfußes (Senkfuß) ist ein Risikofaktor. Dabei geht es sowohl um das vermehrte Absinken des Mittelfußes, als auch um die Dauer [3], [4]. Denn im Gang und Lauf sinkt der Fuß zur Stoßdämpfung natürlicherweise bei Fußaufsatz etwas ab. Im Fußabdruck jedoch richtet sich der Fuß normalerweise wieder auf, um einen Hebel für den Abrollvorgang zu bilden. Dies wird durch Muskeln und passive Strukturen unterstützt. Richtet sich der Fuß nicht wieder auf und verbleibt länger in der sogenannten Pronation, kann das die Muskeln vermehrt beanspruchen, was sich wiederum auf das Schienbein überträgt. Zusätzlich führt das Absinken des Mittelfußes zu einer Folgebewegung des Unterschenkels, was ebenfalls das Schienbein ungünstig belastet. 

Reduzierte Beckenstabilität und Kraft der Hüftmuskulatur

Schienbeinkantensyndrom / ShinSplints: Hüfte Stabilität reduziert
Schienbeinkantensyndrom / ShinSplints: Hüfte Stabilität reduziert

Eine neue Studie konnte zeigen, dass eine reduzierte Beckenstabilität im Lauf ein Risikofaktor für das Schienbeinkantensyndrom darstellt [4]. Dabei geht es im Speziellen um das vermehrte Absinken des Beckens im Lauf, auch Hip Drop genannt (Foto). Dies wird begünstigt durch eine Schwäche bestimmter Hüftmuskeln, nämlich der Abduktoren. Deren Aufgabe ist während der Stützphase das Becken stabil gerade im Raum zu halten. Sind die Abduktoren zu schwach, kann das zu einer reduzierten Beckenstabilität führen.

Einfluss des Laufstils auf das Schienbeinkantensyndrom

Es gibt mehrere Faktoren des Laufstils, die dein Risiko für ein Schienbeinkantensyndrom erhöhen können. Ich möchte dir hier die aus meiner Sicht drei wichtigsten vorstellen:

  1. Deutlich vermehrte Dorsalextension des Fußes bei Aufsatz
  2. Eine große Schrittlänge (der Fuß wird deutlich vor dem Körperschwerpunkt aufgesetzt)
  3. Eine zu enge Spurweite, im Extremfall bis hin zum sogenannten Overcrossing. 
1. Deutlich vermehrte Dorsalextension bei Fußaufsatz
Schienbeinkantensyndrom / Shin Splints Ursachen: Laufstil Fußaufsatz
Schienbeinkantensyndrom / Shin Splints Ursachen: Laufstil Fußaufsatz

Eine vermehrte Dorsalextension bei Fußaufsatz bedeutet, dass du den Vorfuß sehr weit anziehst und dadurch weit hinten auf der Ferse landest (linkes Bild). Dies führt zu zwei negativen Konsequenzen: zum einen ist dabei auch zusätzlich das Kniegelenk meist sehr gestreckt. Das führt dazu, dass sowohl die Muskeln des Kniegelenkes, als auch die des Fußes bei initialem Bodenkontakt wenig zur Stoßdämpfung beitragen können. Dies kann dann vor allem die passiven Strukturen (z.B. den Knochen und die Faszien) vermehrt beanspruchen. 

Zusätzlich ist der Weg bis zum Boden bei vermehrter Dorsalextension viel weiter, als wenn der Fuß flach abgesetzt wird (rechtes Bild). Das führt dazu, dass die Bewegungsgeschwindigkeit des Fußes bis zum Boden deutlich erhöht ist, wenn der Fuß vermehrt angezogen wird. Das macht es für die Muskulatur deutlich schwieriger und anstrengender, die Bewegung zu kontrollieren, sie wird vermehrt belastet. Neigst du jetzt zusätzlich zu einem Senkfuß, kann auch die Pronationsbewegung des Fußes (Gewölbe sinkt vermehrt ab) deutlicher ausgeprägt sein.

2. Eine große Schrittlänge bei Fußaufsatz

Eine große Schrittlänge kann den Stress auf das Schienbein deutlich erhöhen [5], [6].  Dabei geht es aber nicht um die Schrittlänge an sich, sondern darum, wie weit der Fuß vor dem Körperschwerpunkt aufgesetzt wird. Wird der Fuß zu weit vorne aufgesetzt, dann befindet er sich deutlich vor dem Körperschwerpunkt. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Biegebeanspruchung des Schienbeinknochens [6]. Zusätzlich ist dieses Laufmuster ungünstig, da du so in der vorderen Stützphase des Körperschwerpunkt erst einmal deutlich abbremst und dadurch Energie verlierst. Das passiert deutlich weniger, wenn du den Fuß weiter unterhalb des Körpers aufsetzt. Wie du deine Schrittlänge dennoch vergrößern kannst, erkläre ich dir unter Laufstil

3. Zu enge Spurbreite (Overcrossing) bei Fußaufsatz
Schienbeinkantensyndrom / Shin Splints Ursachen: Laufstil Overcrossing
Schienbeinkantensyndrom / Shin Splints Ursachen: Laufstil Overcrossing

Wenn der Abstand zwischen den Fußaufsatzpunkten beider Füße nicht mindestens eine Fußbreite beträgt, spricht man von zu enger Spurbreite. Im Extremfall kreuzt der Fußaufsatz die imaginäre Mittellinie zwischen rechter und linker Seite – das sogenannte Overcrossing. 

Warum ist eine enge Spurbreite jetzt ungünstig für die Entstehung eines Schienbeinkantensyndroms? Zum einen führt eine enge Spurbreite dazu, dass der Fuß meist vermehrt auf der Außenkante (in Supination und Inversion) aufgesetzt wird. Dadurch ist der Weg nach unten (bis der gesamte Fuß am Boden ist) weiter. Wie oben bereits beschrieben, führt dies zu einer erhöhten Bewegungsgeschwindigkeit beim Fußaufsatz und macht es den stabilisierenden Muskeln schwer, die Bewegung zu kontrollieren. Sie kommen schneller in eine Überlastungssituation. Das betrifft in diesem Fall vor allem die Stabilisatoren des inneren Fußgewölbes (M. tibialis posterior, anterior, M. flexor digitorum longus). Ist die Muskulatur zu schwach und kann die Bewegung nicht kontrolliert abbremsen, kommt es zu einer vermehrten Eversion und Pronation, die ein Risikofaktor für ein Schienbeinkantensyndrom ist (siehe oben). 

Zusätzlich erschwert ein Overcrossing durch die Position des Hüftgelenkes bei Fußaufsatz die Stabilisation des Beckens. Es kann bei zu schwacher Hüftmuskulatur (v.a. Abduktoren und Rotatoren) zu einem vermehrten Absinken des Beckens (Hip Drop) kommen, was ebenfalls das Schienbeinkantensyndrom beeinflusst. 

Schienbeinkantensyndrom Tests – Selbsttest

Schienbeinkantensyndrom Testen

Die Ursachen für das Schienbeinkantensyndrom lassen sich relativ leicht im Selbsttest erkennen. Dabei ist in der Regel keine Bildgebung (MRT, Röntgen, etc.) notwendig. Dies wird meistens gemacht, um einen Ermüdungsbruch oder ähnliches auszuschließen. 

Sind die folgenden 6 Aussagen ALLE erfüllt, kann man ziemlich sicher sagen, dass es sich um ein Schienbeinkantensyndrom handelt [1]: 

1. Die Schmerzen treten während oder nach der sportlichen Belastung auf. 

2. Deine Schmerzen sind auf der Innenseite des Schienbeins lokalisiert, in den unteren zwei Dritteln (der Teil, der näher am Fuß ist)

3. Schmerzen sind nicht brennend oder krampfend in der Wade bzw. kribbelnd oder taub in den Fuß ziehend

4. Wenn du Druck auf die Innenseite des Schienbeins ausübst, dann solltest du auf mindestens 5 cm Breite DEINEN BEKANNTEN SCHMERZ reproduzieren/auslösen können

5. Du hast keine starke Rötung oder Schwellung im Bereich des Unterschenkels

6. Der Schmerz tritt nicht in Ruhe auf, das heißt du hast keine Schmerzen, wenn du dich nicht körperlich belastet hast

Noch mal zur Wiederholung: Treffen ALLE sechs Aussagen im Selbsttest genau so auf dich zu, ist es wahrscheinlich, dass du ein Schienbeinkantensyndrom hast. 

Aktuelle Blogposts zum Schienbeinkantensydrom

Aktuelle Blogposts zum Schienbeinkantensydrom und anderen Themen rund um Gesundheit, Motivation und Fitness findest du im Blog, schau gerne mal vorbei!

Literatur

[1] M. Winters, „The diagnosis and management of medial tibial stress syndrome: An evidence update“, Der Unfallchirurg, Mai 2019.

[2] B. Mulvad, R. O. Nielsen, M. Lind, und D. Ramskov, „Diagnoses and time to recovery among injured recreational runners in the RUN CLEVER trial“, PLOS ONE, Bd. 13, Nr. 10, S. e0204742, Okt. 2018.

[3] P. Newman, J. Witchalls, G. Waddington, und R. Adams, „Risk factors associated with medial tibial stress syndrome in runners: a systematic review and meta-analysis“, Open Access Journal of Sports Medicine, S. 229, Nov. 2013.

[4] J. Becker, M. Nakajima, und W. F. W. Wu, „Factors Contributing to Medial Tibial Stress Syndrome in Runners: A Prospective Study“, Medicine & Science in Sports & Exercise, Bd. 50, Nr. 10, S. 2092–2100, Okt. 2018

[5] W. B. Edwards, D. Taylor, T. J. Rudolphi, J. C. Gillette, und T. R. Derrick, „Effects of Stride Length and Running Mileage on a Probabilistic Stress Fracture Model“:, Medicine & Science in Sports & Exercise, Bd. 41, Nr. 12, S. 2177–2184, Dez. 2009.

[6] H. Hobara, T. Sato, M. Sakaguchi, T. Sato, und K. Nakazawa, „Step Frequency and Lower Extremity Loading During Running“, International Journal of Sports Medicine, Bd. 33, Nr. 04, S. 310–313, Apr. 2012.